Vor dem zweiten Energiesparwinter warnen Verbraucherschützer, Rechtsanwälte und auch Mietrichter vor einer dramatischen Zunahme von Schimmelpilzprozessen. Das soziale Mietrecht schützt den Mieter in den allermeisten Fällen. Nach § 536 BGB ist der Mietzins gemindert, wenn etwa eine defekte Heizung, undichte Fenster, Wasserschaden (z. B. durch starke Regenfälle, die durch das undichte Fenster gedrungen sind), gesundheitliche Beeinträchtigung durch Schadstoffe oder Lärmbelästigung durch Nachbarn vorliegt.
Den ganzen Katalog, in denen der Mieter weniger Miete zahlen darf, findet sich in der Neuauflage des Großkommentars zum BGB, den jeder Mietrechtsexperte auf seinem Desktop hat: Münch in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 536 BGB (Stand: 2023).
Der wichtigste Mietmangel vor Gericht bleibt der Schimmelpilzbefall. Schimmelbildung ist mittlerweile ein klassischer Mangel im Sinne des Mietrechts. Befindet sich Schimmel in der Wohnung, kann dies die Wohnqualität erheblich beeinträchtigen und sogar gesundheitliche Probleme hervorrufen. Daher sind Mieter nicht verpflichtet, den vollen Mietpreis zu zahlen, wenn sie von einem solchen Mangel betroffen sind.
Die Miete ist aber regelmäßig nicht gemindert, wenn der Mieter den Schimmelbefall durch unsachgemäßes Heiz- und Lüftungsverhalten selbst verschuldet hat. Falsches Wohnverhalten des Mieters als Ursache für Schimmelbildung muss eindeutig sein. Daher reicht eine niedrige Temperierung der Mieträume bei vorhandenem Baumangel alleine nicht aus. Aber selbst die Verbraucherschutzzentrale rät den Mietern auf ihrer Website, richtig zu lüften und zu heizen.
Kommt es zum Prozess wird – auch diesen Winter – der Vermieter meist schlechte Karten haben. Die Beweislast bei Schimmel in der Wohnung liegt zunächst beim Vermieter. Dieser muss belegen, dass die Schimmelbildung nicht auf Ursachen zurückzuführen ist, die in seinem Verantwortungsbereich liegen. Dazu zählen beispielsweise Baumängel, Fassaden- oder Putzschäden, mangelhafte Dachisolierung oder ungenügende Wärmedämmung.
In einem sind sich alle einig: Im Rechtsstreit entscheiden dann auch in Zukunft meist teure Sachverständigengutachten mit ungewissem Umfang. Erst wenn sich nach schriftlichem Gutachten und meist ergänzender Anhörung des Sachverständigen herausstellt, dass der Schimmel wirklich Folge falschen Heizens und Lüftens des Mieters ist, hat der Vermieter Chancen, eine Nachzahlung der geminderten Miete zu bekommen.
So hat das Amtsgericht Paderborn in einem Urteil vom 30.09.2022, Az. 51 C 90/21 entschieden, dass der Mieter für Lüftung und Heizung verantwortlich bleibt. Lüftet oder heizt er nicht fachgerecht, muss er den Minderungsbetrag nachzahlen. Die Kosten solcher Auseinandersetzungen sind übrigens erheblich. Bei einem Streitwert von 6.000,- € betragen die Kosten für das Verfahren erster Instanz rund 3.000,- €, natürlich zuzüglich der Gutachterkosten in meist übersteigender Höhe.
Für die Wohnungswirtschaft folgen daraus verschiedenen Strategien. Der Königsweg bleibt es, Schimmelpilz in Wohnungen zu verhindern, durch technische Maßnahmen, die der Mieter akzeptiert und unterstützt. Im Rechtsstreit hat der Vermieter nur dann eine Chance, wenn er dezidiert angeben und auch beweisen kann, dass der Mieter nicht ordnungsgemäß lüftet oder heizt. Die zugrunde liegenden Daten kann er an für sich nur aus smarten Systemen haben. Bleiben diese Daten im Prozess unstreitig, können sie dem Urteil zugunsten des Vermieters zugrunde gelegt werden. Werden die Daten bestritten, kann der Sachverständige überprüfen, ob sie zutreffen und sie in diesem Fall seinem Gutachten zugrunde legen.
So kann der Vermieter dem Schimmelpilzdebakel entkommen.